Das Kapitol in Washington am Mittwoch Das Kapitol in Washington am Mittwoch  (ANSA)

USA: Bischöfe gratulieren Trump

Glückwünsche an Donald Trump: Das ist die erste Reaktion der US-Bischofskonferenz nach den Präsidentschaftswahlen.

Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Erzbischof Timothy Broglio, macht im Interview mit uns deutlich, dass die Kirche sich von der nächsten Regierung den Schutz des menschlichen Lebens erwartet – und eine Reform des Einwanderungsrechts.

„Wir in den Vereinigten Staaten haben das Glück, in einer Demokratie zu leben... Ich gratuliere Präsident Trump sowie den nationalen, bundesstaatlichen und lokalen Amtsträgern, die sich im Wahlkampf eingesetzt haben… Wir freuen uns über unsere Fähigkeit, einen friedlichen Übergang von einer Regierung zur nächsten zu schaffen.“

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„Friedlicher Übergang von einer Regierung zur nächsten“

Ganz so friedlich war der Übergang vor vier Jahren bekanntlich nicht: Anfang 2021 stürmten Trump-Anhänger das Kapitol in Washington, während der damalige Wahlsieg von Joe Biden offiziell zertifiziert wurde.

„Die katholische Kirche ist mit keiner politischen Partei verbündet, und auch die Bischofskonferenz ist es nicht. Ganz gleich, wer im Weißen Haus sitzt oder die Mehrheit auf dem Capitol Hill hat, die Lehre der Kirche bleibt unverändert. Wir Bischöfe freuen uns darauf, mit den gewählten Vertretern des Volkes zusammenzuarbeiten, um das Gemeinwohl aller zu fördern. Als Christen und als Amerikaner haben wir die Pflicht, einander mit Nächstenliebe, Respekt und Höflichkeit zu begegnen, auch wenn wir in Fragen der öffentlichen Politik unterschiedlicher Meinung sein mögen.“

„Nächstenliebe, Respekt und Höflichkeit“

Nächstenliebe, Respekt und Höflichkeit – das klingt nicht unbedingt nach einer Personenbeschreibung des neu gewählten Präsidenten. Broglio hat in seiner Gratulation an Trump schon einige Appelle versteckt.

„Als eine Nation, die mit vielen Gaben gesegnet ist, müssen wir uns auch um die Menschen außerhalb unserer Grenzen kümmern und bereit sein, allen Hilfe anzubieten. Beten wir für den designierten Präsidenten Trump sowie für alle führenden Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, dass sie der ihnen anvertrauten Verantwortung gerecht werden und unserem Land und denen, die sie vertreten, dienen.“

Der Wahlsieger
Der Wahlsieger

Lebensschutz-Thema betrifft auch Migranten

Es gehe jetzt darum, „das Gemeinwohl aller zu wahren und die Würde der menschlichen Person zu fördern, insbesondere die Schwächsten unter uns“. Der Erzbischof zählt auf: „Die Ungeborenen, die Armen, die Fremden, die Alten und Kranken und die Migranten“. Beim Kampf gegen Abtreibung wissen die US-Katholiken Trump und seine Republikaner auf ihrer Seite – beim Einsatz für Migranten eher nicht.

„Grundsätzlich geht es uns natürlich in erster Linie um die Würde der menschlichen Person. Uns gefällt die Formulierung, dass der Mensch vom Mutterleib bis zum Grab nach dem Bild und Gleichnis des Allmächtigen geschaffen ist. Das ist also ein Hauptanliegen.“

Ein „ungeheuer reiches Land“ muss sich um seine Ärmsten kümmern

Doch schon das nächste Anliegen des Vorsitzenden der Bischofskonferenz besteht darin, dass die USA ihrer sozialpolitischen Verantwortung gerecht werden – sie seien schließlich ein „ungeheuer reiches Land“. Wie für Papst Franziskus ist auch für Broglio Lebensschutz nicht gleichbedeutend mit dem Einsatz gegen Abtreibung, sondern meint das Engagement für Arme und Bedürftige schlechthin.

„Wir sind (materiell) sehr, sehr gesegnet, und wir müssen uns um die Belange der Armen kümmern, derer, die am Rande der Gesellschaft stehen. Es ist erschütternd, in einigen unserer Großstädte die Zahl der Menschen zu sehen, die ohne Wohnung, ohne Obdach sind. Ich denke, dass wir alle die Verantwortung haben, uns dieser Probleme anzunehmen und zu versuchen, sie an der Wurzel zu bekämpfen. Darüber hinaus setzen wir uns als Bischöfe seit Jahrzehnten für eine Reform der Einwanderungsgesetze in diesem Land ein. Und ich hoffe, dass jetzt wirklich etwas getan werden kann, um ein System zu korrigieren, das kaputt ist, und um zu versuchen, es besser auf die Bedürfnisse der Menschen abzustimmen.“

Es war Trump gewesen, der eine parteiübergreifende Reform des Einwanderungsgesetzes hatte scheitern lassen – aus dem richtigen Gefühl heraus, dass ihm das Thema Migranten im Wahlkampf Auftrieb geben würde. Das Kalkül ist aufgegangen. Im März hatte der jetzt Gewählte sogar geäußert, Einwanderer ohne Papiere seien „keine Menschen“.

„Damit verbunden wäre unsere Verantwortung, den Ländern zu helfen, aus denen die Menschen einwandern, denn oft wandern sie wegen der Armut und anderer schwieriger Situationen in ihren Heimatländern ein. Der produktivste Weg, dies zu ändern, wäre wahrscheinlich, diesen Ländern zu helfen, ihr eigenes Schicksal zu verbessern.“

„Eine Herausforderung für uns“

Ein Aspekt dieser Wahl betrifft die zehn Bundesstaaten, die über Fragen im Zusammenhang mit der Abtreibung abgestimmt haben. Die Wähler in drei Staaten - South Dakota, Florida und Nebraska - haben sich dabei für eine Begrenzung der Abtreibungsmöglichkeiten ausgesprochen; sieben Bundesstaaten votierten hingegen für eine Liberalisierung des Abtreibungsrechts.

„Der nationale Trend - Sie haben die sieben Bundesstaaten erwähnt, die Gesetze zur Liberalisierung der Abtreibung verabschiedet haben - stellt natürlich eine Herausforderung für uns dar, nicht nur für die Bischöfe in diesen Bundesstaaten, sondern auch für die US-Bischofskonferenz, denn wir wollen die Würde der menschlichen Person weiterhin in den Vordergrund stellen. Wenn wir uns die Gewalt in unserer Gesellschaft ansehen, dann denke ich nicht, dass sie nichts mit der Tatsache zu tun hat, dass Menschen so tun, als ob sie darüber entscheiden könnten, wer leben darf oder wann jemand sterben darf. Ich denke, dass dies auch die Würde der menschlichen Person herabsetzt. Wir haben also die Verantwortung, die Menschen aufzuklären und zu versuchen, sie zu überzeugen, das Licht des Evangeliums zu sehen.“

Das Interview mit Erzbischof Broglio führte Devin Watkins.

(vatican news – sk)
 

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07. November 2024, 09:48