Ordensfrauen begleiten Flüchtlinge vom Bahnhof zur Unterkunft (Photo Credit: Private Archive) Ordensfrauen begleiten Flüchtlinge vom Bahnhof zur Unterkunft (Photo Credit: Private Archive)  #SistersProject

Sisters Project: Eine ausgestreckte Hand für Flüchtlinge

Die aktuelle Folge unserer Serie über Ordensfrauen führt uns nach Polen. In den ersten Kriegstagen fanden mehr als 2.000 Menschen aus der Ukraine Hilfe und Gastfreundschaft im Kloster der Dienenden Schwestern der unbefleckt empfangenen Jungfrau Maria (Siostry Słuzebniczeki NMP Niepokalanie Poczęte) von Stary Wieś.

Von P. Paweł Rytel-Andrianik

Die Dienenden Schwestern der unbefleckt empfangenen Jungfrau Maria von Stary Wieś leben in Przemyśl, zwölf Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Sie setzen sich seit den ersten Stunden nach Kriegsausbruch dafür ein, den Flüchtlingen aus der Ukraine zu helfen.

So berichtet Sr. Ewa Mehal: „Am ersten Kriegstag haben wir damit angefangen, Brötchen, bigos [Krauteintopf mit Fleisch und Wurst] und heiße Getränke an der Grenze, am Bahnhof und im Flüchtlingszentrum auszuteilen. Viele Leute brachten etwas zu essen für die Flüchtlinge, aber wir haben bemerkt, dass diese Menschen im Bahnhof übernachteten. Wir haben uns vor allem darum gekümmert, Müttern mit Kleinkindern, alten Menschen und Behinderten Übernachtungsmöglichkeiten zu besorgen. Wir gingen an den Bahnhof, wo die Flüchtlinge in Erwartung der Züge lagerten und haben ihnen angeboten, bei uns zu übernachten. Wir haben sie mit unserem Auto zu unserem Haus gebracht."

„Sie machten sich Sorgen darüber, was als nächstes passieren würde“

Das war allerdings nicht einfach, weil sie von ihnen unbekannten Personen eingeladen wurden. „Man musste ihr Vertrauen erobern. Man musste ihre Schranken durchbrechen, das Vertrauen dieser Menschen gewinnen, da nicht alle Willens waren, an einem unbekannten Ort zu schlafen. Sie machten sich Sorgen darüber, was als nächstes passieren würde, außerhalb des Bahnhofs, weil sie in der Nähe der Grenze bleiben wollten", erinnert sich Sr. Ewa.

Erste Hilfe, ganz konkret

Sr. Ewa Mehal hat beschrieben, wie die ersten Hilfsmaßnahmen für die verängstigten und hungrigen Flüchtlinge aus der Ukraine aussahen: „Das Allererste war eine warme Mahlzeit, damit wurde angefangen. Dann ein Bad und die Übernachtung. Gleichzeitig haben wir auch ein Vorratslager eingerichtet, um die wichtigsten Dinge an der Hand zu haben, denn es gab viele Wohltäter aus Polen und aus dem Ausland. Wir fragten diese Menschen, was für sie die allernotwendigsten Dinge waren, um die Reise fortzusetzen. Es kamen völlig übermüdete Menschen an, die uns sagten, dass sie sich seit einigen Tagen nicht gewaschen hatten. Manchmal kamen sie direkt aus den Luftschutzbunkern."

„Manchmal kamen sie direkt aus den Luftschutzbunkern“

„Die Lage der Mütter von Kleinkindern war am schwierigsten. Das kleinste Kind war drei Wochen alt. Für diese Mütter mussten besondere Bedingungen geschaffen werden, und die Neugeborenen brauchten besondere Pflege. Wir haben im Hof einen Spielplatz eingerichtet. Manchmal kamen die Familien spät abends bei uns an und die Kinder wollten nicht einmal ins Haus hereinkommen, sondern begannen gleich, im Hof zu spielen", berichtet Sr. Mehal.

Hilfe kennt keine Uhrzeit

Die Schwester erinnert sich auch an nächtliche Ausgänge: „Manchmal gingen wir, wenn jemand Hilfe brauchte, noch um Mitternacht zum Bahnhof. In diesen Fällen handelte es sich oft um kleine Kinder. Die Freiwilligen riefen vom Bahnhof aus an, um zu sagen, dass da eine Familie oder eine Mutter mit mehreren Kindern waren, die keinen Ort zum Übernachten hatten. Wir brachten sie zu uns nach Hause. Und dann brachten wir sie wieder zu dem Zug, mit dem sie ihre Reise fortsetzen wollten."

Alle Ordensfrauen helfen mit

„Aufgrund der großen Flüchtlingszahlen, die unablässig in unser Haus in Przemyśl kamen (an die 40 Menschen pro Tag), erhielten wir Unterstützung unserer Schwestern aus den anderen Häusern der Kongregation. Sie kamen nach Przemyśl, um den Flüchtlingen zu helfen, darunter drei Schwestern, die in der Ukraine wirkten und die der Krieg in Polen überrascht hat: Sr. Krystyna, Sr. Łucja und Sr. Irina. Ihre Kenntnis der ukrainischen Sprache war hilfreich bei der Kommunikation mit den Flüchtlingen", sagte Sr. Mehal.

Die Organisation einer so schnellen und effizienten Hilfe war möglich dank der Einbeziehung vieler Menschen. Sr. Ewa Mehal betonte: „Alle Schwestern – sowohl in Polen als auch im Ausland, auch in der Ukraine – haben sich an der Hilfe für die Flüchtlinge mit ihrem Gebet und ihrem Dienst beteiligt, haben Geld und Materialien gespendet, Sammlungen organisiert und an Initiativen mitgewirkt. Sie haben auch die Transporte von Lebensmitteln, Kleidungsstücken, Medikamenten, Verbandmaterial, Hygieneprodukten vorbereitet."

Viele Dankesschreiben

Die Leute, die diese Hilfe erfahren haben, sind sehr dankbar. Wir zitieren eine der Emails, die sie an die Schwestern in der Ukraine schickten, die in ihren Häusern erste Hilfsleistungen anboten: „Wir möchten den Schwestern von Herzen Dank sagen für die Hilfe, die sie uns bei unserer Reise zum neuen Haus in England angeboten haben. Die Möglichkeit, bei Euch zu wohnen, hat in uns den Glauben an den Menschen gemehrt; trotz der schwierigen Augenblicke, die wir gerade durchlebt haben, haben wir eine ausgestreckte Hand sehen können. Wir – die ganze Familie – sind Ihnen sehr dankbar für die angebotene Hilfe. Das war für uns auch die Erfahrung der Liebe Gottes und seiner Gegenwart in unserem Leben. Er lässt uns nicht allein, sondern hat uns, vor allem in den schwierigen Augenblicken, seine Engel geschickt, die sich unser angenommen haben. Taras." Es gibt viele solcher Dankesschreiben.

„Erfahrung der Liebe Gottes und seiner Gegenwart in unserem Leben. Er lässt uns nicht allein, sondern hat uns, vor allem in den schwierigen Augenblicken, seine Engel geschickt“

Mehr als 1.000 Häuser von Frauenorden in Polen sind auf unterschiedliche Art und Weise seit Kriegsbeginn in die Hilfsleistungen für die Flüchtlinge aus der Ukraine einbezogen. Neben den Aktivitäten in Polen sind aktuell 154 polnische Schwestern in der Ukraine tätig, das sind etwa 4o Prozent aller Ordensfrauen in der Ukraine. Den jüngsten Daten zufolge, die der Rat der weiblichen Ordensgemeinschaften gesammelt hat, befinden sich derzeit Ukrainer in 213 Ordenshäusern und -zentren. Wer die Schwestern bei ihrer Hilfe für die Ukraine unterstützen möchte, kann den Rat der weiblichen Ordensgemeinschaften (www.zakony-zenskie.pl) kontaktieren.

 

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26. Mai 2023, 16:09