Uganda: Eine Stadt, aus der Not geboren
Von Stefanie Bross - Vatikanstadt
Das Flüchtlingslager in Palabek, das seit sieben Jahren besteht, hat rund 80.000 Menschen aufgenommen. Hinter den fröhlichen Gesichtern, die einem beim Betreten des Lagers begegnen, verbirgt sich eine Realität, die von Hunger, Armut und medizinischer Not gezeichnet ist.
Man sehe, dass „der Hunger regiert, dass medizinische Unterversorgung herrscht, dass bildungsmäßige Unterversorgung oder Nichtversorgung herrscht in weiten Teilen, und dass gerade Mütter und Kinder hier die doppelt Betroffenen sind“, sagt Müller. Auch die Nahrungsmittelknappheit sei erschreckend.
Dazu kommen Malaria, Unfälle oder andere Ereignisse, die, wenn sie geschehen, gleich in eine existenziell bedrohliche Lebenssituation führen können.
Geschlechtergerechtigkeit und Frauenförderung
Pater José Ubaldino Andrade Hernandez, langjähriger Don Bosco-Projektpartner von Jugend Eine Welt und Mann der ersten Stunde in Palabek, habe letztlich die Idee gehabt ein besonderes Augenmerk auf Bildung für schwangere junge Frauen und die Förderung von Frauen im Allgemeinen zu legen, sowie Kindergärten und Schulen zu bauen. Einzigartig sind daher die vier von Jugend Eine Welt errichteten Kindergärten, die aktuell 600 Kindern – darunter auch solchen mit Behinderungen – frühkindliche Förderung, sorgenfreies Spielen und eine warme Mahlzeit am Morgen schenken. Und gleichzeitig ihren Müttern ermöglichen, einer Ausbildung oder der täglichen Arbeit nachzugehen.
Das Engagement der Österreicher in dem Camp umfasst ganz bewusst eine Technologie-Ausbildung für Frauen. „Was ein ganz großer Reichtum von Subsahara-Afrika ist, nämlich die Sonne, kann nicht nur als drückend und belastend wahrgenommen werden, sondern auch energetisch umgesetzt und genutzt werden“, erklärt Müller. „Und diese Fachausbildung kann Jugend Eine Welt in Zusammenarbeit und mit Unterstützung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit etablieren.“ In den vergangenen sieben Jahren konnten bereits 90 Solartechnikerinnen ausgebildet werden, die hier die Sonne für Strom nutzbar machen.
„Es ist wichtig, dass hier, neben allen Bildungs- und Berufschancen für die Jugend, grundsätzlich auch auf Geschlechtergleichstellung geachtet wird“, betont er. „Das geht von der Kinderbetreuung in der Schule bis zur Ermöglichung von Ausbildung für schwangere junge Frauen, was im ugandischen Schulsystem nicht vorgesehen ist.“ In Uganda könne eine schwangere Frau normalerweise nicht mehr die Schule besuchen. „Also Frauenförderung, Ausbildung von Solartechnikerinnen und frühkindliche Bildungs- und Erziehungseinrichtungen sind der große Schwerpunkt“, fasst Müller zusammen.
Ein menschenwürdiges Leben für alle
Die Arbeit von Jugend Eine Welt ziele darauf ab, den Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, das über bloßes Überleben hinausgeht.
„Wir setzen uns für die Zivilbevölkerung, für die notleidende Zivilbevölkerung ein", betont er. Die Lage im Südsudan sei jedoch weiter hin instabil. Die Felder seien oft nicht bewirtschaftbar und die Hütten unbewohnbar. „Und das heißt, da ist auch keine Rückkehr auf absehbare Zeit, also auf Jahre oder Jahrzehnte denkbar." Zudem wächst die Bevölkerung im Camp, derzeit seien es über 80.000 Menschen, „Tendenz steigend." Die Salesianer, Don Bosco Jugend, Jugend Eine Welt und einige andere Förderorganisationen seien weiterhin vor Ort, um die Menschen zu unterstützen, versichert Müller.
Der Wunsch für die Zukunft wäre eigentlich gewesen, dass das Flüchtlingslager nicht mehr gebraucht wird, weil alle Menschen zu Hause sind und Frieden herrscht. Das sei aber leider nicht realistisch, fährt Müller fort. „Daher ist der zweite Wunsch, dass man den Menschen ein möglichst menschenwürdiges Leben ermöglichen kann, und zwar nicht von der Hand in den Mund, sondern mit Perspektiven, mit Ausbildung, mit Lebensmöglichkeiten, mit Freude im Alltag."
Er unterstreicht die Bedeutung von Don Bosco in diesem Kontext und erwähnt Aktivitäten wie Spiel, Tanz und Artistik, die Lebensfreude vermitteln. „Alles, was ein Leben reich und schön macht, auch wenn Hunger im Bauch ist, dass man dieses erfüllte Leben in Anbetracht oder trotz dieser Umstände gut ermöglichen kann", fügt er hinzu.
Beispiel für Stärke und Resilienz
Müller teilt eine berührende Geschichte über eine Frau namens Stella, die trotz persönlicher Tragödien eine bemerkenswerte Stärke zeigt. Stella, Witwe und Mutter von fünf Kindern, leitet eine Landwirtschaftsgruppe im Lager und engagiert sich aktiv in verschiedenen sozialen Projekten.
erklärte er. „Zu sagen, also wir geben nicht auf, es gibt immer etwas zu tun, es gibt etwas zu erreichen. Und wenn ich an mich glaube und wenn ich an Gott glaube, dann wird etwas Größeres entstehen." Er bemerkte, dass es von außen betrachtet fast schon zu viel sei, was Stella leistet und macht, aber sie wirke weder erschöpft noch überfordert, sondern das sei ihre Berufung. Neben der Sorge für die fünf Kinder, die jetzt halb Waisen sind, in der Lehmhütte, die sie aufgebaut und erarbeitet hat, strahle sie so viel Energie und Lebensfreude aus. Müller meint: „Da können wir teilweise in Industrieländern, glaube ich, etwas davon lernen."
Es geht uns alle etwas an
In Anbetracht des bevorstehenden Weltflüchtlingstags unterstreicht Müller die Bedeutung von Spenden und Unterstützung, um die Arbeit von Jugend Eine Welt fortzusetzen. Es gehe alle etwas an. „Die Geflüchteten, egal ob es ukrainische Flüchtlinge in Deutschland oder Österreich sind oder ob es Südsudanesen sind, Geflüchtete in Norduganda: Die Menschen haben sich das nicht ausgesucht und sie hatten keine Schuld an den Konflikten.“ Sein eigener Vater, der während des Zweiten Weltkriegs als Flüchtlingskind in Oberösterreich bei einem Bauern untergebracht wurde, präge seine persönliche Verbindung zu diesem Thema.
„Es ist zwar alles manchmal weit weg, und wenn man nicht hinschauen will, besonders weit weg, aber in Wahrheit ist es ganz nah und hat ganz viel mit unseren Strukturen und unseren Familien zu tun." Er schloss mit der Überlegung: „Und wenn wir uns dessen bewusstwerden, sind wir vielleicht nicht nur dankbarer und fröhlicher mit dem Blick auf die Welt, sondern haben auch ein besseres Verständnis für Hilfe, für Unterstützung und auch Gebet für das, was in der Welt Gutes entstehen kann, wenn die Menschen daran glauben."
(vatican news)
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