Papst Franziskus und das Licht hinter dem dunklen Tor
Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt
Vom Redemanuskript abweichend dankte Franziskus dem emeritierten Papst Benedikt XVI. zu Beginn seiner Ansprache für seine Worte zum bevorstehenden Tod: „Papst Benedikt sagte vor zwei Tagen, er stehe vor dem dunklen Tor des Todes - dabei sprach er von sich selbst. Es ist schön, dem Papst zu danken, der mit (fast) 95 Jahren noch so hellsichtig ist, uns das zu sagen: Ich stehe vor der Dunkelheit des Todes, vor dem dunklen Tor des Todes. Ein schöner Rat, den er uns gegeben hat, nicht wahr?“, sagte der Papst. Er bezog sich damit auf den am Dienstag veröffentlichten Brief Benedikts XVI. zum Münchner Missbrauchsgutachten.
Der Gedanke an den Tod weckt Unbehagen
Die Wirklichkeit des Todes wecke Unbehagen, und so sei man versucht, den Gedanken an den eigenen Tod zu verdrängen, betonte Franziskus. Der christliche Glaube aber sei realistisch. Sein zentraler Inhalt, die Auferstehung Christi, bringe Licht in das dunkle Geheimnis des Todes und schenke uns Hoffnung und Gelassenheit.
„Nur durch den Glauben an die Auferstehung können wir uns dem Abgrund des Todes stellen, ohne von Angst überwältigt zu werden. Und nicht nur das: wir können dem Tod auch wieder eine positive Rolle zusprechen. In der Tat hilft uns das Nachdenken über den Tod, das durch das Geheimnis Christi erhellt wird, das ganze Leben mit neuen Augen zu sehen. Ich habe noch nie einen Umzugswagen hinter einem Leichenwagen gesehen - noch nie. Wir werden alleine gehen, das Totenhemd hat keine Taschen. Diese Einsamkeit des Todes... Es hat keinen Sinn, Dinge anzuhäufen, wenn wir eines Tages sterben werden. Was wir anhäufen müssen, ist die Nächstenliebe, die Fähigkeit zu teilen, nicht gleichgültig zu sein gegenüber den Bedürfnissen der anderen. Was nützt es, mit einem Bruder, einer Schwester, einem Freund, einem Familienmitglied, einem Glaubensbruder oder einer Glaubensschwester zu streiten, wenn wir eines Tages sterben werden? Was nützt das, sich ständig mit den anderen zu zanken? Im Angesicht des Todes werden viele Fragen relativiert. Es ist gut, mit den anderen versöhnt zu sterben, kein Bedauern und keinen Groll zu hegen!“, so der Rat des Papstes.
Der Tod sei ein Ereignis, mit dem wir rechnen müssen und das uns vor Entscheidungen stelle, führte Franziskus weiter aus.
„Wir müssen dankbar sein für die Hilfe, die die Medizin zu leisten versucht, damit jeder Mensch, der sich auf den letzten Abschnitt seines Lebens vorbereitet, dies durch die so genannte Palliativmedizin auf möglichst menschliche Weise tun kann. Wir dürfen diese Hilfe aber nicht mit einem inakzeptablen Abgleiten ins Töten verwechseln. Wir müssen Menschen in den Tod begleiten, aber nicht den Tod herbeiführen oder Beihilfe zum Selbstmord leisten. Ich möchte darauf hinweisen, dass das Recht auf Pflege und Behandlung für alle immer Vorrang haben muss, damit die Schwächsten, insbesondere ältere und kranke Menschen, nicht ausgegrenzt werden. Das Leben ist ein Recht, nicht der Tod, der angenommen und nicht verabreicht werden muss“, warnte Franziskus.
Dann wich Franziskus von seinem vorbereiteten Redetext ab, um ein paar eindringliche Worte zum Umgang der Gesellschaft mit alten Menschen zu sagen:
„Häufig erlebt man das in einer bestimmten sozialen Schicht, weil sie nicht die Mittel haben und nicht genug Medizin für alle Bedürftigen... Und das ist unmenschlich. Damit wird ihnen nicht geholfen - damit werden sie näher zum Tod hin gedrängt. Das ist weder menschlich noch christlich. Man muss die alten Menschen als einen Schatz der Menschheit pflegen! Sie sind unsere Weisheit. Auch wenn sie nicht mehr sprechen können oder durcheinander sind, bleiben sie doch das Symbol der menschlichen Weisheit. Sie haben vor uns den Weg zurückgelegt und uns so viel Schönes hinterlassen - so viele Erinnerungen, so viel Weisheit. Bitte isoliert die alten Menschen nicht, bitte beschleunigt nicht den Tod der alten Menschen! Einen alten Menschen zu streicheln drückt dieselbe Hoffnung aus, wie wenn man ein Kind streichelt, denn der Anfang und das Ende des Lebens ist immer ein Geheimnis. Ein Geheimnis, das respektiert, begleitet, gepflegt, geliebt werden muss.
Ein Ave Maria für die Sterbenden und die Trauernden
Abschließend lud Papst Franziskus die Anwesenden noch zum gemeinsamen „Ave Maria“-Gebet ein „für alle, die diesen Moment des Übergangs erleben durch dieses dunkle Tor. Und für die Angehörigen, die trauern.“
(vaticannews – skr)
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