Angelus: Die Ansprache im Wortlaut
Die amtliche Fassung finden Sie in Kürze auf der offiziellen Website vatican.va
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Das Tagesevangelium legt uns das Gleichnis von den Talenten vor (vgl. Mt 25,14-30). Ein Herr geht auf Reisen und vertraut seine Talente, also sein Vermögen, seinen Dienern an, ein Kapital: Talente waren Geld. Er verteilt sie also an seine Diener, je nach deren Fähigkeiten. Bei ihrer Rückkehr sollen sie dann Rechenschaft dafür ablegen, was sie damit getan haben. Zwei von ihnen konnten das Doppelte von dem erwirtschaften, was sie erhalten hatten, und der Herr lobt sie. Der dritte aber hat aus Angst sein Talent vergraben, kann also nur zurückgeben, was er erhalten hat, und wird dafür bitter gerügt. Wenn wir dieses Gleichnis betrachten, können wir zwei verschiedene Wege dafür sehen, wie man sich Gott annähern kann.
Der erste Weg ist der des Mannes, der das erhaltene Talent vergräbt: er sieht den Reichtum nicht, den der Herr ihm gegeben hat, traut weder seinem Herrn noch sich selbst. Denn er sagt zu seinem Herrn: „Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast“ (V. 24). Er hat Angst vor ihm. Er sieht nicht die Wertschätzung und das Vertrauen, das der Herr in ihn setzt. Er sieht nur einen Herrn, der mehr verlangt als er gibt; einen Richter. Das ist das Bild, das er von Gott hat: Er kann nicht an seine Güte glauben. Und so bleibt er gelähmt und lässt sich nicht auf den Auftrag ein, den er erhalten hat.
Den zweiten Weg sehen wir bei den beiden anderen Protagonisten, die das Vertrauen ihres Herrn erwidern und ihm auch ihrerseits vertrauen. Diese beiden investieren alles, was sie erhalten haben, auch wenn sie zu Beginn nicht wissen, ob es gut gehen wird: sie prüfen die Lage, erwägen die Möglichkeiten und versuchen umsichtig, das Beste daraus zu machen. Sie nehmen das Risiko auf sich, sich selbst aufs Spiel zu setzen. Sie vertrauen, prüfen und riskieren. So haben sie den Mut, frei und kreativ zu handeln und neuen Reichtum zu schaffen (vgl. V. 20-23).
Angst oder Vertrauen?
Brüder und Schwestern, das ist der Scheideweg, vor dem wir im Angesicht Gottes stehen: Angst oder Vertrauen. Entweder hast du Angst vor dem Herrn, oder du vertraust ihm. Wie die Protagonisten des Gleichnisses sind auch wir – wir alle – mit Talenten beschenkt worden, die viel wertvoller sind als Geld. Doch wie wir sie einsetzen, hängt zum Großteil von unserem Vertrauen in den Herrn ab, der unser Herz befreit und uns für das Gute aktiv und kreativ werden lässt. Vergessen wir nie: Vertrauen befreit, Angst lähmt. Die Angst blockiert, das Vertrauen befreit. Und das gilt auch für die Erziehung der Kinder.
Fragen wir uns also: Glaube ich, dass Gott Vater ist und mir Gaben anvertraut, weil er mir vertraut? Und wie steht es mit mir: vertraue ich ihm so weit, dass ich mich selbst aufs Spiel setze, ohne mich entmutigen zu lassen – selbst wenn die Ergebnisse weder gewiss noch selbstverständlich sind? Schaffe ich es, jeden Tag im Gebet zu sagen: Herr, ich vertraue auf dich, gib mir die Kraft, voranzugehen: ich vertraue dir; den Dingen, die du mir anvertraut hast. Lass mich wissen, wie ich sie einsetzen kann.
Und schließlich, als Kirche: Pflegen wir in unserem Umfeld ein Klima des Vertrauens und der gegenseitigen Wertschätzung, das uns hilft, gemeinsam zu gehen, die Menschen aufgeschlossen macht und in allen die Kreativität der Liebe weckt?
Die Jungfrau Maria helfe uns, die Angst zu überwinden - wir dürfen niemals Angst vor Gott haben, Gottesfurcht ja, aber keine Angst! - und auf den Herrn zu vertrauen.
(vaticannews - skr)
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