Hier stehe ich, ich kann nicht anders: Ein Vikar im Vatikan (6)
Schnee in Rom?
Wussten Sie, dass es einmal im Jahr, immer im August, in Rom schneit? Heute zumindest ist es nur noch Styropor – vor ein paar hundert, ja tausend Jahren war es angeblich echter Schnee. Mitten in Rom, mitten im August.
Es ist das Fest von Maria Neve, Maria Schnee. Immer am 5. August gedenkt die Kirche dem Wunder. Damals im 4. Jahrhundert träumte Papst Liberius davon, dass er an dem Ort in Rom eine Kirche bauen wird, der durch ein besonderes Zeichen offenbart wird. Dass dies Schnee im August war, das ist natürlich ein Wunder. Und so wurde die erste Marienkirche „Santa Maria Maggiore“ an diesem Ort gebaut. Sie war der Grundstein für die immer stärker werdende Marienverehrung, die heute einen wichtigen Teil der katholischen Kirche ausmacht. So kommt etwa Papst Franziskus regelmäßig in die Kirche, um dort an der Ikone Salus populi romani zu Maria zu beten.
Nur der katholischen Kirche. Denn in der evangelischen Kirche spielt Maria kaum eine Rolle. Vielleicht an Weihnachten taucht sie im Krippenspiel oder in der Weihnachtsgeschichte auf; dass es gar eigene Gottesdienste für die Mutter Jesu gibt, das ist in evangelischen Kirchen eher unüblich, mancherorts sogar undenkbar.
Als ich in Rom studiert habe, habe ich mich natürlich auch mit Maria beschäftigt, zum einen weil ich von ihr nichts wusste, und zum anderen weil es mich wirklich interessiert hat. Mein Professor für Mariologie meinte immer, mich herausfordern zu müssen. Ich musste erklären, warum ich dies oder jenes Maria betreffend nicht so sehe oder doch darin übereinstimme. Dabei habe ich viel über Gemeinsamkeiten, die biblischen Texte zu Maria, aber auch Unterschiede, sowie über Marienfeste weltweit und vor allem hier in Rom gelernt. Über die Ursprünge der Verehrung und die ersten Texte auf den Konzilen, sowie viel über die heutige katholische Frömmigkeit. Spannende Erfahrungen, die ich nicht missen will und mein sehr evangelisches, ja Christus-zentriertes Bild doch etwas verändert haben. Und so begegnet einem immer wieder Maria hier in Rom und auch in Deutschland.
Kurz vor dem katholischen Fest Mariae Himmelfahrt, einem Fest, welches in der Evangelischen Kirche nicht gefeiert wird, möchte ich Sie fragen: Welche Bedeutung hat für Sie Maria? Kann Maria für Sie eine Person sein, die unsere Kirchen mehr verbindet?
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