Pietro Orlandi verlässt den Vatikan, nach einem mehrstündigen Gespräch mit Staatsanwalt Alessandro Diddi Pietro Orlandi verlässt den Vatikan, nach einem mehrstündigen Gespräch mit Staatsanwalt Alessandro Diddi 

Fall Orlandi: „Es besteht der Wunsch nach Klarheit“

„Ich bin beruhigt“, sagte Pietro Orlandi auf dem Weg aus dem Vatikan nach einem mehr als achtstündigen Gespräch mit dem vatikanischen Staatsanwalt Alessandro Diddi. Pietro Orlandi ist der Bruder von Emanuela Orlandi. Die vor 40 Jahren 15-jährige Tochter eines Angestellten der Präfektur des päpstlichen Haushalts verschwand am 22. Juni 1983 auf unerklärliche Weise. Diddi hatte Ende letzten Jahres die Ermittlungen über das Verschwinden Emanuela Orlandis wieder aufgenommen.

„Im Fall Orlandi wollen Papst Franziskus und der vatikanische Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, dass die Wahrheit ohne Vorbehalte ans Licht kommt.“ Das sagt der Promotor der Justiz der Vatikanstadt – so der Titel des vatikanischen Staatsanwalts – Professor Alessandro Diddi. Der 58-Jährige ist ein etablierter Strafrechtler und Professor für Strafverfahren, der sich am Dienstag mit Pietro Orlandi, dem Bruder der vor 40 Jahren verschwundenen Emanuela, und der Anwältin der Familie Orlandi, Laura Sgrò, getroffen hat.

„Mir wurde maximale Handlungsfreiheit gewährt, um in großem Umfang zu ermitteln, ohne irgendeine Bedingung und mit der festen Aufforderung, nichts zu verschweigen. Ich habe den Auftrag, jeden Aspekt im Geiste der Offenheit, der evangelischen 'Parrhesia', zu ermitteln, und dieser Ansatz ist das Wichtigste“, sagte Diddi der Zeitung ,Corriere della sera'.

Ermittlungen wieder aufgenommen

In dem Interview sagt Diddi, dass „seit wenigen Monaten Untersuchungen durchgeführt wurden, die seit 40 Jahren nicht mehr durchgeführt worden waren“. Die eingehenden Untersuchungen, die durchgeführt wurden, müssten offen und transparent geschehen, „denn es handelt sich um Ermittlungsaktivitäten, die vollständig in die Akten aufgenommen werden sollen“. Auch die vatikanischen Verantwortlichen seien sich dessen voll bewusst, fügt er an.

„Es darf keine Missverständnisse mehr über bestimmte Beweisdokumente geben, keine Schatten, über denen weiterhin ein Heiligenschein des Geheimnisses hängen kann. Wenn ich meine Untersuchungen nicht gründlich durchführe, wird das die ganze Welt sehen. Und ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, ich hätte jemanden geschont oder eine Situation vertuscht“, so Diddi. Es sei aber zu bedenken, erklärt der Staatsanwalt weiter, dass seine Befugnisse ihm nicht erlauben würden, in Italien zu ermitteln. „Wenn es in dieser neuen Phase zu extremen Situationen kommt, werden wir die Möglichkeit in Betracht ziehen, ein Rechtshilfeersuchen an den italienischen Justizminister zu richten. Wir werden die italienische Justizbehörde bitten, die für notwendig erachteten eingehenden Ermittlungen durchzuführen“, erklärt er.

(corriere della sera – mg)

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12. April 2023, 12:31