Papst in Ungarn: Versuch einer Bilanz
Stefanie Stahlhofen - Budapest
Den Wunsch nach Frieden und Solidarität hat der Papst den verschiedenen Adressaten seiner Ansprachen hier in Budapest mitgegeben. Sowohl in seiner ersten Rede an Politiker und Autoritäten Ungarns als auch in seiner letzten Rede, bei der Begegnung mit der Welt der Wissenschaft und Kultur, ist er so zum Beispiel darauf eingegangen, dass Budapest die Stadt der Brücken ist. Zum Auftakt am Freitag redete Franziskus in seiner Diplomatenansprache Europa ins Gewissen, zu seiner Seele zurückzufinden und auf Multilateralismus und Diplomatie zu setzen. Er warb für ein Europa, „in dem die verschiedenen Nationen eine Familie sind, in der das Wachstum und die Einzigartigkeit eines jeden bewahrt werden".
Gemeinschaft, Gebet und Zukunft
Bei seiner zweiten Ansprache in der Stephanskathedrale, beim Treffen mit Bischöfen, Priestern, Diakonen und Ordensleuten, hat Papst Franziskus gleichfalls zu Gemeinschaft und Nächstenliebe aufgerufen. Er hat an alle appelliert: „Lasst uns menschliche Spaltungen überwinden, um gemeinsam im Weinberg des Herrn zu arbeiten!“ - auch das ging also in eine ähnliche Richtung. Außerdem hat Papst Franziskus hier auch die Bedeutung des Gebets betont: „Vor allem seid Frauen und Männer des Gebets, denn davon hängen die Geschichte und die Zukunft ab“, gab er den Kirchenleuten mit. Hier fiel übrigens auch ein Wort, das ebenfalls in mehreren Ansprachen vorkam, nämlich „Zukunft". Dieses Wort ist auch Teil des Mottos dieser 41. Auslandsreise von Papst Franziskus: „Christus ist unsere Zukunft“.
Zurück zu Solidarität, Gemeinschaft und Nächstenliebe. Auch am zweiten Reisetag, am Freitag, schlug Papst Franziskus ähnliche Töne an - sowohl bei seiner Begegnung mit Armen und Geflüchteten in der Elisabethkirche, als auch beim großen Jugendtreffen in der László-Papp-Sportarena. Zuerst hat er in der Elisabethkirche die Sprache der Nächstenliebe gelobt. „Denn auch in Schmerz und Leid findet man den Mut, vorwärts zu gehen, wenn man den Balsam der Liebe empfangen hat: Sie ist die Kraft, die einem hilft zu glauben, dass nicht alles verloren ist und dass eine andere Zukunft möglich ist,“ sagte das katholische Kirchenoberhaupt.
Am Nachmittag, bei der Jugendbegegnung in der voll besetzten László-Papp Arena, hat Papst Franziskus seinem Publikum entsprechend einen anderen Tonfall angeschlagen, er duzte seine Zuhörer und bezog sie durch rhetorische Fragen mit ein, wie er es auch bei anderen Treffen gerne immer mal wieder tut. Vom Wunder der Brotvermehrung ausgehend, würdigte er in dieser Rede unter anderem das Teilen und rief seine jungen Zuhörer auf, Teamplayer zu sein:
„Heute ist die Versuchung groß, sich mit einem Handy und ein paar Freunden zu begnügen. Das ist zu wenig. Aber auch wenn das viele tun, auch wenn es vielleicht das ist, worauf du Lust hast, so tut es doch nicht gut. Du kannst dich nicht in einer Gruppe von Freunden einschließen und nur mit dem Handy sprechen."
Schlussmesse mit starkem Schlussakzent
Seine Predigt während der Schlussmesse auf dem Kossuth Platz hat Papst Franziskus dann am dritten und letzten Reisetag, an diesem Sonntag, genutzt, alle noch mal aufzurufen, aus sich herauszugehen, wie eine offene Tür zu sein, so wie Jesus zu sein. Er hat Individualismus und Gleichgültigkeit gegenüber allen, die in Leid und Armut leben, gegenüber Fremden, anderen und Migranten kritisiert und stattdessen gemahnt, „füreinander offen und integrierend zu sein, um Ungarn zu helfen, in der Geschwisterlichkeit zu wachsen, die der Weg des Friedens ist".
Hier haben wir also noch einmal einem flammenden Friedensappell zum Schluss, nach dem starken Auftakt mit der ersten Ansprache vom Freitag.
Auf das Thema Frieden ist Papst Franziskus auch beim an die Messe anschließenden Regina Caeli Gebet noch einmal eingegangen, und er hat seinen Geschwisterlichkeitswunsch aus der Predigt ausgeweitet von Budapest und Ungarn auf den ganzen gesamten europäischen Kontinent. Beim Mittagsgebet hat Franziskus auch den Ukraine-Krieg wie immer erwähnt, diesmal hat er aber auch noch mal das russische Volk genannt, denn alle beide, die Ukraine und Russland, hat er ja der Muttergottes geweiht - daran hat Papst Franziskus noch einmal erinnert und seinen eindrücklichen Wunsch betont, dass doch die Nationen Frieden schaffen mögen, statt den jungen Generationen eine „Zukunft der Hoffnung und nicht des Krieges" zu bieten.
Letzter Programmpunkt am Freitagnachmittag war die Begegnung mit der Welt aus Wissenschaft und Kultur an der katholischen Péter-Pázmány-Universität - auch hier fand Franziskus, vor erneut anderem Publikum, den Weg, auf den Wunsch nach einem „weltweiten Frieden" einzugehen und erneut Egoismus und Selbstbezogenheit zu geißeln: „Das Individuum, das auf seine eigenen Bedürfnisse zentriert ist, gierig nach Gewinn und unersättlich, die Wirklichkeit zu erfassen", bringe eine „Zersetzung gemeinschaftlicher Bindungen" hervor, „wodurch Einsamkeit und Angst sich von existenziellen Zuständen zu sozialen Zuständen zu verwandeln scheinen", gab Franziskus zu bedenken.
Treffen mit Metropolit Hilarion
Jenseits des Programms hat das katholische Kirchenoberhaupt an seinem zweiten Reisetag, am Samstag in Ungarn, ohne dass dies vorher bekannt war, noch den ehemaligen Außenamtsschef des russisch-orthodoxen Patriarchats von Moskau getroffen - Metropolit Hilarion. Es war ein privates Gespräch von ungefähr 20 Minuten; Details wurden nicht bekannt. Neben Hilarion gab es auch ein Treffen mit dem Bürgermeister von Budapest. Aber vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs war das Treffen mit Hilarion sicherlich eine spannende Begegnung.
Hoffnung auf Friede und Glaube gestärkt
Was diese Papstreise bringen kann für den Frieden in Europa, lässt sich jetzt natürlich noch nicht sagen. Aber: Franziskus hat eine weitere Gelegenheit genutzt, Frieden eindringlich anzumahnen; und gleichzeitig hat er durch seinen Papstbesuch in Budapest die Menschen in Ungarn im Glauben bestärkt.
(vatican news - sst)
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