Weihnachten in Bethlehem: Im Schatten des Krieges
Vor 25 Jahren hat P. Mamdouh Abusada die erste Sonderschule für Kinder mit Lernschwierigkeiten im Westjordanland gegründet. Die Einrichtung richtete sich an Kinder, die von anderen Schulen ausgeschlossen wurden und für die es unmöglich war, sie zu unterrichten. Heute erfahren Dutzende Kinder in der „School of Joy“, etwas außerhalb von Bethlehem in Beit Sahour, Liebe, Akzeptanz und eine Bildung, auf die sie zugreifen können. Im Gespräch mit Claudia Kaminski sagt Pater Abusada:
„Meistens sind sie geistig zurückgeblieben. Und in diesem Land haben wir viele Probleme. Das größte Problem ist die Verwandtenehe hier. Es heiraten Cousins und Cousinen, und sie bringen Kinder mit geringen schulischen Leistungen und einem sehr niedrigen IQ zur Welt. Sie sind also nicht wie ihre Mitschüler.“
Die „Schule der Freude“ wurde 1998 von Pater Mamdouh Abusada gegründet. Er arbeitete in einem Familienzentrum in Bethlehem, als Eltern anfingen, ihn um Hilfe zu bitten. Ihre Kinder wurden von Schulen ausgeschlossen, die mit ihnen nicht zurechtkamen. Sie sagten, sie müssten stattdessen auf eine Sonderschule gehen - aber die gab es nicht. Der Leiter der schulischen Einrichtung fügt an:
„Wir haben dieses Jahr. 76 Schüler. Letztes Jahr waren es 50, aber wegen des Streiks in der staatlichen Schule haben sie das ganze Jahr über nicht gelernt. Also haben wir dieses Jahr mehr Schüler aufgenommen, um sie zu unterrichten. Und sie sind weit im Rückstand und müssen das Lernen und den Unterricht nachholen, damit sie ihre Ausbildung in der Zukunft fortsetzen zu können.“
Keine Touristen
Der Krieg im Heiligen Land lastet schwer auf Bethlehem. Der Tourismus ist fast völlig zum Erliegen gekommen. In diesem Jahr bleiben die meisten christlichen Pilger fern, viele Geschäfte sind geschlossen. Die Stadtverwaltung hat den Weihnachtsschmuck abgehängt und die Kirchen verzichten auf große Weihnachtsparaden. Bethlehems heilige Nacht bleibt in diesem Jahr still.
Über zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts gehen auf das Konto religiöser Pilger aus aller Welt, die vor allem über Weihnachten nach Bethlehem kommen, um Jesu Geburtsort zu besuchen. Dieses Jahr bleiben fast alle Hotelbetten leer. Zahlreiche Restaurants und Souvenirläden sind geschlossen. Am Grenzkontrollpunkt warten Taxifahrer vergeblich auf Kunden.
Rony ist ein Ladenbesitzer in Bethlehem. Er sagt:
„Unser Laden ist ein historischer Laden. Wie Sie sehen können, befinden wir uns direkt gegenüber der Geburtsstätte von Jesus. Und das ist etwas Besonderes für uns. Mein Großvater hat dieses Geschäft 1927 gegründet. Und dann kam mein Vater, Victor, in der zweiten Generation. Und ich und mein Bruder, wir sind die dritte Generation. Und ich habe einen kleinen Victor. Ich hoffe, dass er die vierte Generation sein wird. Wissen Sie, es ist ein Wunder, ein Geschäft 100 Jahre an diesem Ort zu eröffnen.“
Er erläutert, dass sie immer eine nicht so stabile Situation hatten, aber ihre Aufgabe sei es, in diesem Land zu bleiben. Und dazu sagt Rony, der Ladenbesitzer:
„Denn ich sage immer, die Kirche besteht aus Steinen, aber wir sind die lebendigen Steine. Und immer hoffen wir auf eine bessere Situation, auf eine bessere Zukunft für unsere Kinder. Und es ist auch wichtig zu wissen, dass Weihnachten nicht nur in diesem Monat ist. Wir haben das ganze Jahr über Weihnachten, besonders hier an diesem Ort.“
Keine Weihnachtsdekorationen
In diesem Jahr gibt es keine Weihnachtsdekoration der Kirchen in Bethlehem. Mit ihrer Entscheidung folgen die Kirchen der Stadtverwaltung Bethlehems, die bereits vor einigen Wochen in einem Facebook-Post bekannt gab, „sämtliche Weihnachtsdekorationen und festliche Elemente zu Ehren der Märtyrer und in Solidarität mit den Menschen in Gaza zu entfernen”. Vor der Geburtskirche, einer der ältesten Kirchen der Welt, befindet sich deshalb nicht wie sonst um diese Zeit ein mit bunten Lichtern geschmückter Weihnachtsbaum. Der Krippenplatz, normalerweise Mittelpunkt aller christlichen Weihnachtsparaden, dient in dieser Vorweihnachtszeit nur noch als einfacher Park- und Versammlungsplatz, auf dem an diesem Adventssonntag rund 20 palästinensische Sicherheitskräfte patrouillieren.
Hintergrund
Aufgrund des Kriegs zwischen der radikal-islamischen Hamas und Israel herrscht derzeit eine Reisewarnung für Israel und das Westjordanland. Seit dem Angriff der radikal-islamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober befindet sich Israel in einem bewaffneten Konflikt mit der Terrororganisation, die das palästinensische Autonomiegebiet im Gazastreifen beherrscht. Bei dem Überfall am 7. Oktober wurden 1.200 Menschen getötet und rund 250 Geiseln genommen, darunter auch arabische Israelis und Beduinen. Die Hamas beschießt seit zwei Monaten israelische Städte mit tausenden Raketen, darunter auch Jerusalem. 128 Geiseln befinden sich weiterhin in der Gewalt der Hamas. Der Konflikt in Gaza führte zu einer vorübergehenden Schließung der israelischen Grenzkontrollstellen nach Bethlehem für Touristen. Die Checkpoints sind zwar wieder für Besucher geöffnet, Touristen kommen aber dennoch nicht nach Bethlehem.
(vatican news/ktv/fr.de – mg)
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.