Caritas Italien zum Nahost-Krieg: Lage ist zum Verzweifeln
Silvia Giovanrosa und Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt
„Leider ist die Lage in Gaza sehr verzweifelt, es gibt keine anderen Worte, um sie zu beschreiben. Täglich steigt die Zahl der Toten. Wahrscheinlich wird noch diese Woche die absurde Zahl von 40.000 toten Palästinensern in Gaza erreicht werden, ohne die Israelis einzurechnen, die auch ihr Leben lassen. Und der Konflikt geht ja auch im Westjordanland weiter und in der Westbank, wo es inzwischen auch täglich Tote gibt", berichtet der Nahost-Beauftragte von Caritas Italien.
„Leider ist die Lage in Gaza wirklich zum Verzweifeln. Jenseits der direkten Auswirkungen des Kriegs kommen die indirekten Auswirkungen dazu, also jenseits der Toten durch den Krieg ist es schwierig geworden, Essen und Medikamente zu finden. Medizinische Hilfe ist quasi unmöglich geworden, weil 90 Prozent der Krankenhäuser in Gaza außer Betrieb gesetzt sind. Hinzu kommen verschiedene Epidemien, die sich ausbreiten. Die Lage droht sich noch weiter zu verschlimmern. Und in Gaza ist die Lage sowieso eigentlich schon seit mehr als zehn Monaten die Hölle."
Psychologische Hilfe und Friedensprojekte
Der Nahost-Beauftragte von Caritas Italien sorgt sich angesichts der Situation auch um die Mitarbeiter vor Ort. Seit Kriegsbeginn nach der Terror-Attacke der Hamas auf Israel am 7. Oktober sind mehr als 70 Caritas-Mitarbeiter vor Ort im Einsatz. Sie waren auch schon vorher dort, denn der Konflikt halte ja eigentlich schon seit Jahrzehnten an, erinnert Feliciangeli. Die Caritas sei besonders in der medizinischen Versorgung aktiv. Einige der Teams mussten aufgrund der Sicherheitslage jedoch ihre Einrichtungen schließen, da der Einsatz zu gefährlich war.
„Fundamental ist auch die psychologische Hilfe, denn leider sind inzwischen alle sehr traumatisiert. Als Caritas versuchen wir hier besonders den Kindern zu helfen, in unseren noch aktiven Zentren und mit mobilen Ambulanzen. Wir versuchen, sie psychologisch zu stärken und sie auch vom Krieg abzulenken. Außerdem verteilen wir lebenswichtige Güter, denn in Gaza fehlt es wirklich an allem. Es fehlen Essen, Trinkwasser. Einige Medikamente gibt es noch, aber Essen und Trinken sind wirklich Mangelware. Dank der wenigen Hilfstransporte, die nach Gaza kommen, können wir ein wenig Hilfsmittel verteilen, aber das hängt natürlich sehr davon ab, dass Hilfstransporte in den Gaza-Streifen können."
Auch wenn Friedensverhandlungen und eine Waffenruhe aktuell in weiter Ferne scheinen und viele eine Ausweitung des Konflikts fürchten, lässt die Caritas nicht darin nach, auf ihre Weise zu versuchen, Samen des Friedens zu säen:
„Das ist wirklich fundamental, denn das, was gerade passiert, ist ein Ergebnis von 70 Jahren Krieg im Nahen Osten. Und wenn man nicht auf dauerhaften Frieden hin arbeitet, wird auch eine Waffenruhe nur eine Verschnaufpause vor weiteren Kriegen und Konflikten sein. Wir haben daher in allen Ländern des Nahen Ostens Friedensprojekte gestartet, die ein bisschen Hoffnung machen, dass es gelingt, ethnische, religiöse und politische Differenzen zu überwinden und sich gemeinsam, basierend auf den Grundwerten, als Geschwister zu erkennen, die alle Opfer dieses Krieges sind, und in der Lage, das zu überwinden, was zu dieser Situation geführt hat."
In Syrien und im Libanon sowie in Jordanien betreibt die Caritas Versöhnungs-Projekte jeweils unterschiedlicher Art - etwa durch Kunsthandwerk oder gemeinsame ehrenamtliche Hilfsprojekte. In Jerusalem und dem Heiligen Land setzt die Caritas auf Dialog zwischen Muslimen und Juden, um beide aus vorgefertigten Denkmustern und einengenden Sichtweisen auf den Konflikt zu befreien. Ziel sei, eine neue Generation zu bilden, die bereit ist zum Dialog.
Ausweitung des Konflikts? Caritas Libanon unter Spannung
Auch wenn Caritas Italien hofft, dass sich der Nahost-Konflikt nicht weiter ausweitet, hat sich die Caritas auch auf ein worst-case-Szenario vorbereitet:
„Als Caritas sind wir im Libanon sehr präsent und haben schon seit einigen Monaten einen Plan erstellt, falls sich die Lage ändern sollte. Wir haben verschiedene Pläne, je nachdem, wie sich die Lage entwickelt. Aktuell kümmert sich Caritas um Vertriebene und all jene, die geblieben sind. Sollte der Krieg auch den Libanon erreichen, sind wir mit unseren Einrichtungen darauf vorbereitet. Auch in Jordanien, aber wir hoffen sehr, dass der Konflikt, auch mit dem Iran und im Heiligen Land, sich nicht so weit ausweitet. Es herrscht große Anspannung, auch Sorge um die Sicherheit unserer Leute vor Ort. Es herrscht Alarmbereitschaft und wir versuchen, zu verstehen, wie die Lage ist und wie wir am besten reagieren."
(vatican news - sst)
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