Papst Franziskus: Regina Coeli im Wortlaut
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute feiern wir in Italien und in vielen anderen Ländern die Himmelfahrt des Herrn, d.h. seine Rückkehr zum Vater. In der Liturgie erzählt das Lukasevangelium von der letzten Erscheinung des auferstandenen Herrn vor den Jüngern (vgl. 24,46-53). Das irdische Leben Jesu gipfelt genau in der Himmelfahrt, die wir auch im Glaubensbekenntnis bekennen: „Er ist aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten des Vaters". Was bedeutet dieses Ereignis für uns? Wie sollen wir das verstehen? Um diese Frage zu beantworten, wollen wir uns mit zwei Handlungen beschäftigen, die Jesus vor seiner Himmelfahrt durchführt: Er kündigt zunächst die Gaben des Geistes an und segnet dann die Jünger. Er verkündet den Geist und dann segnet er.
Zunächst sagt Jesus zu seinen Freunden: „Ich sende euch den, den mein Vater verheißen hat" (V. 49). Er spricht über den Heiligen Geist, den Tröster, der sie begleitet, sie führt, sie in ihrer Mission unterstützt und sie in geistlichen Kämpfen verteidigt. Wir verstehen also hier etwas ganz Wichtiges: Jesus lässt die Jünger nicht im Stich. Er fährt in den Himmel auf, aber er lässt uns nicht allein. Im Gegenteil, gerade indem er zum Vater aufsteigt, sorgt er für die Ausgießung seines Geistes. Bei einer anderen Gelegenheit hatte er gesagt: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe; denn wenn ich nicht gehe, wird der Tröstergeist nicht zu euch kommen" (Joh 16,7). Darin zeigt sich auch die Liebe Jesu zu uns: Seine Gegenwart will unsere Freiheit nicht einschränken. Im Gegenteil, er schenkt uns Raum, denn wahre Liebe erzeugt immer eine Nähe, die nicht erdrückt, sondern uns zu Protagonisten macht. Er ist nahe, aber nicht besitzergreifend. Er macht uns zu Protagonisten seiner Liebe. Und so versichert Christus: „Ich gehe zum Vater, und ihr werdet mit Kraft aus der Höhe bekleidet werden; ich werde euch meinen eigenen Geist senden, und durch seine Kraft werdet ihr mein Werk in der Welt fortsetzen" (vgl. Lk 24,49). Indem er in den Himmel auffährt, bleibt Jesus nicht mehr mit seinem Körper einigen wenigen nahe, sondern er ist mit seinem Geist allen nahe. Der Heilige Geist macht Jesus in uns gegenwärtig, über die Grenzen von Zeit und Raum hinweg, um uns zu seinen Zeugen in der Welt zu machen.
Unmittelbar danach - das ist die zweite Handlung - erhebt Christus seine Hände und segnet die Apostel (vgl. V. 50). Es ist eine priesterliche Geste. Seit der Zeit Aarons hatte Gott den Priestern die Aufgabe übertragen, das Volk zu segnen (vgl. Nm 6,26).
Das Evangelium will uns sagen, dass Jesus der große Priester unseres Lebens ist. Jesus geht zum Vater hinauf, um für uns einzutreten, um ihm unser Menschsein zu präsentieren. So stehen vor den Augen des Vaters mit der Menschheit Jesu unser Leben, unsere Hoffnungen und unsere Verletzungen und werden dort für immer sein. So weist uns Christus bei seinem "Auszug" in den Himmel den Weg, er geht, uns einen Platz zu bereiten, und er tritt ab jetzt für uns ein, damit wir immer vom Vater begleitet und gesegnet werden.
Brüder und Schwestern, lasst uns heute an die Gaben des Geistes denken, die wir von Jesus erhalten haben, um Zeugen des Evangeliums zu sein. Wir sollten uns fragen, ob wir das wirklich sind; und auch, ob wir fähig sind, andere zu lieben, indem wir sie frei geben und ihnen Raum lassen. Und dann: Wissen wir, wie wir uns zu Fürsprechern für andere machen können, das heißt, wissen wir, wie wir für sie beten und ihr Leben segnen können? Oder bedienen wir uns der anderen für unsere eigenen Interessen? Das sollten wir lernen: das wahre Fürbittgebet, die Fürsprache für die Hoffnungen und Leiden der Welt, für den Frieden. Segnen wir mit unseren Augen und unseren Worten diejenigen, denen wir täglich begegnen!
Beten wir nun zur Muttergottes, der Gesegneten unter den Frauen, die, erfüllt vom Heiligen Geist, immer für uns betet und Fürsprache hält.
(vatican news - wd)
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